Bundesgerichtshof gibt Hinweisbeschluss zur Diesel-Affäre

Die BGH-Richter aus Karlsruher haben die illegale Abgastechnik betroffener Dieselautos als Sachmangel eingestuft. Sie führen näher aus, weshalb Neuwagenkäufer trotz Modellwechsel einen Anspruch darauf haben könnten, dass ihnen ihr Händler ersatzweise ein mangelfreies Auto gibt.

Der Hintergrund

Monate, ja sogar Jahre haben die betroffenen Diesel-Fahrzeug-Besitzer auf ein Signal aus Karlsruhe gewartet. Die Rechtslage ist nicht so eindeutig, wie sie erscheint. Je nachdem, gegen wen man vorgeht, ob nun Händler oder Hersteller, könenn unterschiedliche Ansprüche in Betracht kommen.

Daher sind die nun getroffenen Feststellungen wichtig, weil sie die Erfolgsaussichten von Dieselklägern erhöhen. Der Senat hat eine Einschätzung zu einem Fall aus Oberfranken überraschend öffentlich gemacht, obwohl sich der Käufer eines VW Tiguan und sein Händler kurz vor der BGH-Verhandlung auf einen Vergleich geeinigt hatten. Damit war die Möglichkeit dahin, endlich ein Grundsatz-Urteil zu sprechen.

Der BGH gingen nun mit einem sogenannten Hinweisbeschluss an die Öffentlichkeit.

Die Entscheidung

Die Richter nehmen in ihrem Beschluss einen Sachmangel an, weil sie die Gefahr sehen, dass die Behörden dem Käufer untersagen, sein Auto weiter zu fahren.

Aus dem Beschluss ergibt sich allerdings auch, dass es einen Unterschied machen könnte, ob das Auto nachgerüstet wurde. Der Kläger hatte kein Software-Update aufspielen lassen. Von einer „verminderten Eignung“ geht der Senat nur bei Fahrzeugen aus, „die mit (noch) nicht nachgerüsteten Motoren des Typs EA 189 ausgestattet sind“.

Welche Rolle die im Oktober 2015 vom Kraftfahrt-Bundesamt angeordneten Software-Updates spielen, müssen künftige Entscheidungen erst zeigen.

BGH, Beschluss vom 08.01.2019, Az. VIII ZR 225/17).

Rechte von Autokäufern bei Nacherfüllung gestärkt

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat sich im Rahmen seiner Entscheidung von 13.07.2016 mit der Frage der Fristsetzung bei einer Nacherfüllung auseinandergesetzt.
In dem entschiedenen Fall ging es zwar um eine Einbauküche, jedoch lassen sich die Grundsätze auch auf den Autokauf anwenden.

Der Hintergrund

Wenn ein Kaufgegenstand mangelhaft ist, hat der Käufer das Recht, von dem Verkäufer bis zu zweimal eine Nachbesserung zu verlangen. Hierfür muss er ihm eine Frist setzen. Es gibt oft Streit darüber, ob die gesetzte Frist zu kurz und oder nicht. Einer Frist bedarf es dann nicht, wenn die Nacherfüllung für den Käufer unzumutbar ist.

Die Entscheidung

Der BGH hat hierbei nun entschieden:

Ob eine Frist zur Nachbesserung angemessen ist, beurteilt sich vorrangig nach dem, was Käufer und Verkäufer als angemessen vereinbart haben. Das gilt auch dann, wenn eine Frist objektiv unangemessen kurz ist. Allerdings müssen die für den Verbrauchsgüterkauf geltenden gesetzlichen Grenzen des § 475 BGB eingehalten werden.

Die Frist kann auch dadurch gesetzt werden, dass der Käufer nach einer sofortigen, unverzüglichen oder umgehenden Leistung verlangt oder auch durch eine vergleichbare Formulierung deutlich macht, dass dem Verkäufer für die Erfüllung nur ein begrenzter zeitraum zur Verfügung steht. Also bedarf es keines festen Termins, zu dem die Nachbesserung erfüllt werden muss. Es schadet auch nicht, dass der Käufer umn eine nachbesserung „bittet“.

Zur Frage, ob eine Nacherfüllung für den Käufer unzumutbar ist, und es deshalb u.U. keine Fristsetzung bedarf, sind alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen, z.B. ob der Verkäufer zuverlässig ist oder auch der Umstand, dass der Verkäufer beim ersten Erfüllungsversuch gezeigt hat, dass er keine Fachkompetenz besitzt und das Vertrauensverhältnis zwischen den Parteien nachhaltig gestört ist.

BGH, Urteil vom 13.07.2016, VIII ZR 49/15

Neue Rechtsprechung des BGH zur Mangelvermutung beim Autokauf

Aufgrund eines Urteils des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) hat der Bundesgerichtshof (BGH) nun seine Rechtsprechung zur Reichweite der Vermutung in § 476 BGB geändert.

Der Hintergrund

Ein Käufer eines Gegenstandes hat oft das Problem, dass ein gekaufter Gegenstand nach wenigen Monaten defekt ist und im schlimmstenfalls überhaupt nicht mehr funktioniert. Ihm stehen dann zwar Mangelgewährleistungsrechte zu, er muss aber den Mangel darlegen und auch beweisen, was oft schwierig, gelegentlich unmöglich ist. § 476 BGB kehrt jetzt diese Beweislast um, so dass der Verkäufer beweisen muss, dass die gekaufte Sache bei Gefahrübergang – also in der Regel bei Besitzübertragung an den Käufer – mangelfrei war. Danach wird vermutet, dass eine Kaufsache bereits bei Gefahrübergang mangelhaft war, wenn sich innerhalb von sechs Monaten seit dem Gefahrübergang ein Sachmangel zeigt.

Die Vermutungsregelung des § 476 BGB hilft manchmal nicht weiter oder ist gar nicht anwendbar, weil sie mit der Art der verkauften Sache nicht vereinbar ist, etwa beim Kauf lebender Tiere. Auch kann die Vermutung teilweise widerlegt werden, so dass der Verkäufer den Beweis erbringen kann, dass der Defekt auf einen Bedienungsfehler des Käufers zurückzuführen ist. Schließlich aber umfasst die Vermutung nach dem Wortlaut gerade nicht das Bestehen eines Sachmangels, sondern betrifft nur den Zeitpunkt, zu dem dieser Mangel bereits (unerkannt) vorgelegen hat.

Daraus folgte bisher: Das Bestehen eines Mangels musste der Käufer immer noch selbst darlegen und beweisen.

Die Problematik zeigt sich insbesondere bei einem sogenannten Grundmangel: Einerseits gibt es den eigentlichen Mangel, z.B. die Materialermüdung, auf der anderen Seite gibt es das Mangelsymptom, also etwa das Zerbrechen eines Bauteils. Die Vermutung des § 476 BGB erstreckt sich aber gerade nicht auf den eigentlichen Grundmangel. Der BGH hatte bisher aber so entschieden. Daraus folgte, dass der Käufer von dieser Norm, die ihn schützen sollte, keinen Nutzen hatte.

Der Fall

Fünf Monate nach Übergabe funktionierte das Automatikgetriebe nicht mehr. Ein Sachverständiger erkannte einen Schaden am Drehmomentwandler, der seine Ursache sowohl auf zuvor bestehende mechanische Mängel bei Gefahrübergang als auch auf einem Bedienungsfehler des Käufers beruhte. Die Funktionseinschränkungen des Getriebes waren aber bei Übergabe unstreitig noch nicht erkennbar, weshalb die Vorinstanzen in Übereinstimmung mit der bisherigen Rechtsprechung des VIII. Zivilsenats die auf Kaufpreisrückzahlung gerichtete Klage abgewiesen hatten.

Die Entscheidung

Der BGH hat hierbei nun entschieden:

Künftig muss der Käufer nur noch einen vertragswidrigen Zustand der Sache behaupten und beweisen, welcher sich innerhalb von sechs Monaten nach der Übergabe herausgestellt hat. Er braucht sich also nur noch auf ein Mangelsymptom beschränken, auch wenn dieses bei Übergabe noch nicht aufgetreten ist. Es wird nun nur noch vermutet, dass dieses Mangelsymptom seine Ursache in dem Grundmangel hat, welcher bereits bei Gefahrübergang bestand.

BGH, Urteil vom 12.10.2016, Az. VIII ZR 103/15).

Vorsicht bei Rückstau

Wer aufgrund eines Rückstaus im Kreuzungsbereich stehen bleibt, darf diesen vor dem annahenden Querverkehr räumen. Man darf aber nicht einfach ´darauf vertrauen, dass der Querverkehr sich hieran hält.

Das OLG Hamm hat hierzu entschieden, dass mit längerer Verweildauer auf der Kreuzung auch die eigenen Sorgfaltsanforderungen steigen und man muss sich vergewissern, dass eine Kollision mit dem Querverkehr ausgeschlossen ist.

Der Fall

Die Beklagte fuhr in einen Kreuzungsbereich bei Grünlicht ein und musste dann aufgrund eines Rückstaus des Linksabbiegerverkehrs hinter der Fluchtlinie halten. Die von ihr passierte Ampel zeigte schon mehr als 20 Sekunden Rot. Sie wollte die Kreuzung räumen und ließ bereits einige Autos aus dem Querverkehr passieren, bevor es im Kreuzungsbereich dann doch zu einem Zusammenstoß mit dem Kläger kam. Der Geschädigte verlangte rund 13.900 Euro Schadenersatz.

Die Entscheidung

Das OLG Hamm entschied, dass sie Autofahrerin in erheblicher Weise gegen das im Straßenverkehr geltende Rücksichtnahmegebot aus § 1 Abs. 2 Straßenverkehrsordnung (StVO) verstoßen habe. Zwar sei sie noch bei Grünlicht in den Kreuzungsbereich eingefahren und hätte den Rückstau grundsätzlich auch als gegenüber dem Querverkehr bevorrechtigter Nachzügler räumen dürfen. Dabei habe sie aber nicht blindlings darauf vertrauen dürfen, vom Querverkehr vorgelassen zu werden.

Die Anforderungen an die Aufmerksamkeit erhöhten sich mit der Verweildauer im Kreuzungsbereich. Je länger sich ein Nachzügler also im Kreuzungsbereich aufhalte, desto eher habe er mit einem Phasenwechsel und anfahrendem Querverkehr zu rechnen. Man müsse dann davon ausgehen, dass der übrige Verkehr aus dem eigenen Verhalten schließen könnte, dass man nicht weiterfahren werde. Deswegen dürfe man nach einer längeren Verweildauer nur dann weiterfahren, wenn man sich vergewissert hat, dass eine Kollision mit dem Querverkehr ausgeschlossen ist.

Der andere Fahrer treffe demgegenüber kein Verschulden, nachdem die Ampel bereits über 19 Sekunden Rotlicht gezeigt habe und vor ihm bereits weitere Fahrzeuge in seiner Richtung den Kreuzungsbereich passiert hatten. Er habe daher auf seine freie Durchfahrt vertrauen dürften und nicht mehr mit dem Weiterfahren der beklagten Autofahrerin rechnen müssen.

Oberlandesgerichts Hamm, Urteil vom 26.08.2016 – Az.: 7 U 22/16